2008

26. April 2008 – Rundgang durch den Killesbergpark

Autor: Margret Rilling

Jetzt erst recht ein Paradies: Der Killesberg ohne Messe

Bürgerverein Feuerbach: Rundgang durch den Höhenpark mit dem Gartenamtsleiter Werner Koch Killesberg. Leuchtend weiße Magnolienblüten im Tal der Rosen, bunte Blumenbeete mit Tausenden blühenden Tulpen und Narzissen: Von der Frühlingspracht waren die Teilnehmer eines Rundgangs im Höhenpark Killesberg begeistert, zu dem der Bürgerverein
Feuerbach eingeladen hatte.
„D“r Killesberg, des isch a Paradies“: So hatte einst Erich Hermann, das legendäre
„Rundfunkfritzle“ gesungen. „Es bleibt zu wünschen, dass er es noch für viele künftige Generationen sein wird: So betont es Stadtdirektor Werner Koch, Leiter des Garten-, Friedhofs- und Forstamtes, in seinem Vorwort zum Buch von Jörg Kurz „Der Killesberg und seine Geschichte“. Dieses Buch, wie Werner Koch beim Rundgang betonte, sei sehr zu empfehlen, es belege in eindrucksvoller Weise
die Geschichte und Entstehung der Parkanlage, die 1939 zur zweiten Reichsgartenschau angelegt wurde.
Beeindruckt vom detailreichen Wissen des Gartenamtsleiters waren ganz sicher auch die 80 Teilnehmer, die auf Einladung des Bürgervereins Feuerbach den Rundgang sichtlich genossen. Dass der gewissermaßen vor der Haustür liegende
Killesberg – mit 417 Metern der höchste Ausläufer der Feuerbacher Heide – für die
Bürger von Feuerbach eine besondere emotionale Bedeutung hat, betonte Rolf Adam, erster Vorsitzender des Bürgervereins: „Den Killesberg haben unsere Vorfahren bis ins 19. Jahrhundert als Viehweide benutzt, als Wengerter fanden sie in den Wintermonaten Arbeit im Steinbruch.“ Die große emotionale Bedeutung des Killesbergs für Stuttgarter war für das aus Karlsruhe stammende Ehepaar Ingeborg und Sigurd Mertel zunächst mal ein Rätsel, wie sie beim Rundgang betonten: „Wir haben uns früher gesagt, was haben die Stuttgarter immer nur mit diesem Killesberg.“ Dann hat es sie beruflich in die schwäbische Metropole verschlagen und jetzt stimmen sie – seit immerhin bereits 35 Jahren – ebenfalls begeistert in das Loblied auf den Killesberg ein, den sie zunächst mit Sohn Heiko, jetzt mit Enkelin Madeleine gern besuchen.
Für kleine und große Leute eine besondere Attraktion: Die Kleinbahn, die seit dem
Frühlingsbeginn wieder ihre Runden durch den Park dreht. Angesteuert wurden von den Killesbergbesuchern unter fachkundiger Führung von Werner Koch die
schönsten Plätze in der „besten grünen Stube“, so der Leiter des Gartenbauamtes,
die Stuttgart zu bieten hat: Ob Tal der Rosen, Akazienwäldchen, Seenterrassen mit
Staudengewächsen, Primelgarten, Tierwiese, Spielplatz Freilichtbühne. „Bei jedem
Meter Spaziergang eröffnet sich dem Besucher ein neuer Blick“, schwärmt Werner
Koch.
Ein grandioser Rundblick ist vom Killesbergturm möglich, der von dem Stuttgarter Ingenieur Professor Jörg Schlaich zur Iga 1993 entworfen wurde. Beim Rundgang reichte leider die Zeit dafür nicht mehr aus. Dass vom Park immer wieder freie
„Sichtachsen“ einen weiten Ausblick ermöglichen, sei gerade auch Gartenarchitekt Hermann Mattern wichtig gewesen, dem Wettbewerbsgewinner eines Ideenwettbewerbs, den die Stadt Stuttgart bereits 1935 ausgeschrieben hatte, um das Gelände auf der Feuerbacher Heide zwischen Doggenburg und Rosensteinpark landschaftlich reizvoll zu gestalten.

Vier Wochen vor offiziellem Ende wurde die Reichsgartenschau am 2. September
1939 vorzeitig beendet: Der Zweite Weltkrieg hatte begonnen. Auch der Killesberg ist mit dem dunkelsten Kapitel der deutschen Vergangenheit verbunden: Von den zum Durchgangslager umfunktionierten Hallen wurden jüdische Bürger aus Stuttgart und ganz Württemberg in die Todeslager transportiert.
Nach dem Wegzug der Messe soll dem Park, so Werner Koch, wieder weitere
Fläche zugeführt werden. Damit könne das weltweit einmalige „Grüne U“ Stuttgarts, das vom Schlossplatz aus einen Spaziergang durch die Anlagen, den
Rosensteinpark, den Leibfried’schen Garten und das Wartberggelände zum
Killesberg möglich macht, ohne dass Straßen überquert werden müssen, in Richtung Feuerbacher Heide erweitert werden.
Anmerkung: Originaltext Nord-Rundschau
Fotos nachträglich aus dem Archiv vom BV Feuerbach eingefüg
t

Artikel vom 29. Mai 2008 – Wegbereiter der Demokratie wird geehrt

Festakt in St. Josef und eine Ehrentafel erinnern an Matthias Erzberger, der 1896 in
Feuerbach unterrichtete Feuerbach. In vielem war Matthias Erzberger seiner Zeit voraus. Als Wegbereiter der deutschen Demokratie wird der Zentrumspolitiker der Weimarer Republik gewürdigt. Auch in Feuerbach hat Erzberger Spuren hinterlassen. Als 21-Jähriger arbeitete er hier als Volksschullehrer.
„Eine Stadt muss sich auf ihr historisches Erbe besinnen“, sagt der frühere Minister
und CDU-Landtagsabgeordnete Christoph E. Palmer. Woran es auch immer gelegen haben mag: Aber die lokalen Spuren, die einer der führenden politischen
Köpfe des Kaiserreichs und der jungen Weimarer Republik – nämlich Matthias Erzberger – einst in Feuerbach und Stuttgart hinterließ, blieben bisher seltsamerweise fast unbeachtet. Nun haben es die Feuerbacher Joachim Arendt,
einem Reingeschmeckten, zu verdanken, dass Erzbergers einstige Aktivitäten entsprechend gewürdigt werden. Der pensionierte Ingenieur, der in späten Jahren
ein Geschichtsstudium an der Uni begonnen hat und derzeit promoviert, hat herausgefunden, wo und wann der Vordenker der christlichen Demokratie in Feuerbach gelebt und gearbeitet hat.
Mit einem Festakt in der katholischen Kirche St. Josef, einer Ausstellung und
der Enthüllung einer Gedenktafel wurde nun an das einstige Wirken des Zentrumspolitikers in Feuerbach erinnert.
Erzberger-Forscher Günter Randecker, Christopher Dowe vom Haus der Geschichte und CDU-Politiker Palmer, der mit Thomas Schnabel, dem Leiter des Hauses der Geschichte, ein Buch über Erzberger herausgebracht hat, waren der
Einladung des Bürgervereins Feuerbach gefolgt.
Bereits zu Beginn seiner Karriere in Stuttgart befindet er sich in „einem doppelten Abwehrkampf“, so Palmer. Es sind die Jahre zwischen 1896 und 1903. In einer zutiefst protestantisch geprägten Stadt habe Erzberger sich gegen die „Eliten des
Protestantismus“ erwehren müssen. Andererseits setzte sich der gelernte Volksschullehrer, Redakteur, Arbeitersekretär und christliche Gewerkschafter auch
mit den damals in der Arbeiterschaft stark aufkommenden Ideen der Sozialdemokratie und des Sozialismus kritisch auseinander.
Einer seiner Mentoren in Stuttgart sei Joseph Eckard gewesen. „Ich habe ein politisches Genie entdeckt“, schwärmt er über den 21-Jährigen. Eckhard holt
Erzberger in die Redaktion der in Stuttgart erscheinenden führenden katholischen Tageszeitung „Deutsches Volksblatt“. Vom Februar bis September
1896 hatte er zuvor als Lehrer an der freiwilligen Konfessionsschule in Feuerbach unterrichtet. Das Ziegelstein-Gebäude, in der sich später die
Brühlschule befand, stand in der Elsenhansstraße 9.
Es wurde 1985 abgerissen.

Als 28-Jähriger schaffte Erzberger als Kandidat in der Hochburg der Zentrumspartei in Biberach den Sprung in den Reichstag nach Berlin. „Er war ein Autodidakt, der sich alles selbst erarbeitet hat“, sagte Palmer. Und er war zudem ein Multitalent. Erzberger arbeitete als Journalist, war Parlamentarier, Geschäftsmann, Leiter der Waffenstillstandskommission, Reichsfinanzminister, und, und, und. Am Ende war der Selfmademan aber auch einer der meistgehassten Politiker in Deutschland.
Hellsichtig sagte er wenige Jahre vor seinem Tod: Die Kugel, die ihn treffen solle, sei bereits gegossen. 1921 wurde er von Rechtsradikalen im Schwarzwald ermordet.
Als fleißig, tatkräftig, kämpferisch, intelligent und als ein Mann von enormer Auffassungsgabe beschrieben sie Erzberger. Er sei das, was die Briten als ein „political animal“, also ein politisches Tier, bezeichnen, sagte Hauptredner Palmer. Sich gegen Widerstände durchzusetzen, scheint Erzberger beflügelt zu haben.
Nach dem Festakt enthüllte Bürgervereinsvorsitzender Rolf Adam die Gedenktafel für Matthias Erzberger.
Anschließend wurde die Ausstellung, in die Günter Randecker einführte, im Gemeindesaal der Kirche eröffnet. Sie ist noch bis zum 10. Juni 08 zu sehen.
Anmerkung: Originaltext Nord-Rundschau
Fotos nachträglich aus dem Archiv vom BV Feuerbach eingefügt

Artikel vom 19. Juni 2008 – Rolf Adam bringt Licht in Feuerbachs dunkle Zeit

Geschichtsblatt Nr. 18 vorgestellt: Feuerbach in der Zeit des Nationalsozialismus – 1933 bis 1945

Autor: Georg Friedel

Der Bürgervereinsvorsitzende beleuchtet im jüngsten Heft der Geschichtsblätter die nationalsozialistischen Jahre zwischen 1933 und 1945 im Flecken Feuerbach. Die Aufarbeitung des Nationalsozialismusist auf lokaler Ebene ein mühsames Geschäft. Das trifft auch auf Feuerbach zu. Viele Unterlagen wurdenim Krieg zerstört, Zeitzeugen gibt es nur noch wenige. Das jüngste Heft der Feuerbacher Geschichtsblätter beschäftigt sich mit der NS-Zeit in Feuerbach und arbeitet die Jahre von 1933 bis 1945 auf.
Die Geschichte Feuerbachs zwischen 1933 und 1945 zu recherchieren, sei ein schwieriges Unterfangen gewesen, berichtet der Bürgervereinsvorsitzende Rolf
Adam.
„Die Gemeindeunterlagen wurden alle im Krieg zerstört.“
Die Feuerbacher Zeitung stand ihm als örtliche Quelle zur Verfügung,
sie ist aber nur von bedingtem Wert. Der Herausgeberbekam ab
Februar 1933 den Druck der Nationalsozialisten heftig zu spüren. Am 2. März 1933 eskalierte die Lage: „Gestern Abend erschienen auf unserer Geschäftsstelle Polizeibeamte, die den Auftrag hatten, die Zeitung zu beschlagnahmen. Der Grund zu dieser Maßnahme dürfte, wie wir vermuten, in einigen in dem Bericht über die Kundgebung des Antifaschistischen Kampfbundes wiedergegebenen Äußerungen des Referenten zu suchen sein“, war dort zu lesen. Herausgeber Weber wehrte sich wacker gegen Zensur und Einschüchterung.
Das sechstägige Verbot seiner Zeitung im März 1933 arbeitete er publizistisch so auf, dass er eine leere Seite herausgab, auf der lediglich ein Satz steht:
„Durch Verfügung des Ministeriums des Innern vom 2. März 1933 ist die Feuerbacher Zeitung mit sofortiger Wirkung bis zum 8. März 1933 einschließlich verboten.“
„Das war mutig von ihm“, sagt Adam. Half aber wenig gegen Gleichschaltung und Zensur der publizistischen Organe durch die Nazis. Über lokale Ereignisse sei fortan in der Feuerbacher Zeitung kaum mehr etwas zulesen gewesen, berichtet Adam, stattdessen wurden seitenlange Berichte über NSDAPVeranstaltungen und ihrer Unterorganisationen veröffentlicht. Einer, dessen Texte stets im örtlichen Presseorgan veröffentlicht wurden, sei Eugen Geiger gewesen.
„Bis 1941 tauchen seine Gedichte regelmäßig in der Feuerbacher Zeitung auf“, berichtet Adam.
Der Autor der heimatkundlichen Anekdotensammlung „Was in Feuerbach die Amseln pfeifen“ müsse den örtlichen Machthabern genehm gewesen sein, „auch wenn das manche ungern hören werden“, sagt der Vorsitzende des örtlichen Bürgervereins.
Trotz der historischen Lücken und der schlechten Quellenlage hat Adam in dem
jüngsten Heft „Feuerbach in der Zeit des Nationalsozialismus – 1933 bis 1945“ eine Menge Daten gesammelt und sie chronologisch geordnet. Etwa ein Jahr
habe er an der Entstehung des Heftes gearbeitet.
Viele Fotos, die aus der Sammlung von Walter Rieker stammen, und
Originaldokumente hat er dem Heft beigefügt.
Wichtig seien bei der Recherche neben der Chronik der Stadt und Roland Müllers
Buch „Stuttgart zur Zeit des Nationalsozialismus“auch die kirchlichen Quellen
gewesen. Die Chronik der katholischen Kirchengemeinde St. Joseph erweist sich
für ihn als echte Fundgrube.
Der damalige Pfarrer notierte vieles handschriftlich. Auch im Archiv der
evangelischen Landeskirche wird Adam fündig. Dort kann er auf die Bestände der
Kirchengemeinde Feuerbach zurückgreifen.
„Bis 1943 werden die Kirchen, vor allem die Evangelische, von der NSDAP hofiert.
Parteimitglieder in Uniform marschieren zu den Kirchenwahlen, um Einfluss zu gewinnen und die Kirche im Sinne der NS-Herrschaft umzudrehen, wobei es innerhalb der Kirche viele naive Mitläufer gibt“, sagt Adam. Als dokumentarischen Beweis hat er noch einen gültigen Wahlzettel für den evangelischen Kirchengemeinderat Feuerbach. Die Wahl fand am 23. Juli 1933 statt:
„Einheitsliste, verabredet zwischen den kirchlichen Wählergruppen und der Leitung der NSDAP in Feuerbach“ steht darauf, und darunter folgen die Namen der Kandidaten.
Manche Organisationen wie die Arbeiterparteienwerden zerschlagen, andere werden von der Partei in den Würgegriff genommen. Auch soziale und medizinische Einrichtungen wurden übernommen. Sogar aus dem Feuerbacher Krankenhaus drängten die Nationalsozialisten im Herbst 1937 die Diakonissen hinaus und setzten NS-Schwestern für die Krankenpflege ein. Ähnliches widerfuhr dem Feuerbacher Verein für Wohlfahrtspflege.
BV-Mitglied Walter Rieker Foto, Archiv BV Feuerbach Aus der Zeit des Nationalsozialismus gebliebensind übrigens einige österreichische Straßennamen.
„Anlässlich des Hitlerbesuchs am 1. April in Stuttgart wird in Feuerbach eine Reihe von Straßen nach österreichischen Städten und Landschaften umbenannt. Die Namen blieben uns alle nach dem Zweiten Weltkrieg erhalten, bis auf die Ostmarkstraße, die 1945 in Feuerbacher-Tal-Straße umgetauft wurde“, sagt Adam.
INFO: Heft 18 der Feuerbacher Geschichtsblätter ist unter dem Titel „Feuerbach in der Zeit des Nationalsozialismus – 1933 bis 1945“ bei der Buchhandlung Hübsch und Schairer in Feuerbach erhältlich. Der Preis beträgt neun Euro.