Bekannte Menschen aus Feuerbach

Portraits von beeindruckende Menschen im Zusammenhang mit Feuerbach. Sicher immer wieder ein Ansporn einen Sprung zu wagen. Dies soll die Leistungen der heutigen Feuerbacher nicht schmälern – Feuerbach war und ist ein Ort mit Erfindungen von Weltruf.

Foto: www.eric-carle.com

Eric Carle

Eric Carle (* 25. Juni 1929 in Syracuse, New York; † 23. Mai 2021 in Northampton, Massachusetts war ein deutsch-US-amerikanischer Kinderbuchautor. Weltweite Bekanntheit erreichte insbesondere sein Bilderbuch Die kleine Raupe Nimmersatt.

Seine Eltern, Auswanderer nach USA, kehrten in die Heimat zurück. Er verbrachte einen großen Teil seiner Kindheit in Feuerbach.

Friedrich Wilhelm Albert Hauff

Chemiker und Industrieller, * 22.11.1863 Reutlingen, † 17.4.1935 Stuttgart. (evangelisch)

1889 trat er in die väterliche chemische Fabrik ein und beschäftigte sich zunächst mit der Fabrikation von Salicyl- und Carbolsäure sowie von Rhodanverbindungen für Färberei und Kattundruckerei.

Um den Umfang des Werkes zu erweitern, nahm er die Erzeugung photographischer Artikel als neues Arbeitsgebiet auf. 1892 erhielt die Firma Patente auf das Verfahren zur Darstellung eines neuen photographischen Entwicklers, des Metols, der ihren internationalen Ruf begründete. 

H. stellte nun das Unternehmen in der Hauptsache auf photochemische Produkte um und wurde mit der Herstellung von weiteren Spezialentwicklern und vor allem der „Hauff-Platten“ führend in der deutschen photochemischen Industrie.

Große Verdienste erwarb sich H. auch durch vorbildliche soziale Einrichtungen in seiner Fabrik, als Förderer mannigfaltigster technischer Projekte (Kanalisierung des Neckars, frühe Hubschrauberversuche und andere), durch Unterstützung der medizinischen Forschung, besonders der Krebsforschung, und durch die tatkräftige finanzielle Unterstützung von Schulen und Hochschulen, hier besonders der TH Stuttgart.

Die Folgen des 1. Weltkrieges und der Inflation und die Konkurrenz durch die Agfa brachten der Firma schwere Sorgen. 1929 gab H. die Leitung ab, bis 1931 hatte er noch den Vorsitz des Aufsichtsrates inne. 1938 ging die Firma Hauff AG eine Fabrikationsgemeinschaft mit den Perutz-Fotowerken in München ein.

1943/44 wurde das Werk in Stuttgart-Feuerbach durch Bomben zerstört. 1953 erfolgte der Wiederaufbau der „Hauff GmbH“ mit Sitz in Vaihingen/Enz. Als „Chemische Fabrik Vaihingen/Enz“ ist sie heute eine Zweigniederlassung der Agfa-Gevaert-AG

Zedlitz, Wolfgang, „Hauff, Friedrich“ in: Neue Deutsche Biographie 8 (1969), S. 87 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116523522.html#ndbcontent

Oswald Hesse

Julius Oswald Hesse (* 17. Mai 1835 in Obereula bei Deutschenbora, Königreich Sachsen; † 10. Februar 1917 in Feuerbach) war Dr. phil., Hofrat, Chemiker und Direktor der Firma Friedrich Jobst, der ersten industriellen Fabrik in Feuerbach. Die Firma war Hersteller von Chinin aus Chinarinde. Oswald Hesse wirkte 50 Jahre im Unternehmen.

Oswald Hesse betrieb Grundlagenforschung zu den Alkaloiden der Chinarinde, des Opiums, des Bilsenkrauts, der Tollkirsche, der Cocablätter, Bestandteile der Cotorinden, Flechten- und Rhabarberstoffe. Er fand mehrere Opiumalkaloide. Im Alstonin isolierte er das erste Alkaloid der Rauwolfia-Gruppe, welches als Heilmittel wichtig wurde. Gemeinsam mit Julius Jobst entdeckte er das Alkaloid der Calabarbohnen, das Physostigmin. „Biochemisches Handlexikon“ geht auf Oswald Hesse zurück. Er war Verfasser von circa 300 Publikationen.

Oswald Hesse war Mitbegründer und Vorstand des Gewerbevereins Feuerbach
Oswald Hesse war Verfasser des Buchs „Geschichte von Feuerbach“, 1909

Ehrungen

  • In Feuerbach wurde die Oswald-Hesse-Straße (früher: Pragstraße) nach Hesse benannt.
  • Hofrat, württ. Goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft
  • Mitglied der Leopoldina

Rudolf Gehring

Rudolf Gehring (* 30. August 1888 in Feuerbach; † 25. Januar 1980 in Stuttgart) war ein deutscher Verwaltungsbeamter und Politiker der SPD

Nach dem Besuch der Volksschule absolvierte Gehring eine Schlosserlehre und arbeitete von 1921 bis 1928 als Werkzeugfräser und Dreher bei der Robert Bosch GmbH. Er schloss sich 1905 der Gewerkschaft an, war seit 1923 zunächst Geschäftsführer und später Teilhaber eines Baustoffwerkes. Seit 1941 arbeitete er als Helfer in Steuersachen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg trat er in den Verwaltungsdienst ein und war von 1946 bis 1952 als Ministerialrat im Innenministerium von Württemberg-Baden tätig.

Gehring trat 1909 in die SPD ein und war 1919/20 Vorsitzender des Landesausschusses der Arbeiter- und Soldatenräte Württembergs. Er wirkte von 1921 bis 1923 als Parteisekretär der Sozialdemokraten in Stuttgart und war bis 1933 Gemeinderat in Feuerbach.

Gehring gehörte 1946 der Verfassunggebenden Landesversammlung Württemberg-Badens an, war von 1946 bis 1950 Mitglied des Landtags von Württemberg-Baden und dort Vorsitzender der SPD-Fraktion. 1952 wurde er in den Baden-Württembergischen Landtag gewählt, dem er bis 1964 angehörte. In allen drei Legislaturperioden amtierte er als Vizepräsident des Landtages. Der Landtag wählte ihn 1954 zum Mitglied der zweiten Bundesversammlung, die Theodor Heuss als Bundespräsident wiederwählte.

Nach ihm ist der Platz an der Kelter benannt auf dem samstäglich der Markt stattfindet

Wilhelm Geiger

Wilhelm Friedrich Geiger (* 28. Februar 1869 in Merklingen an der Würm; † 29. Mai 1940) war ein deutscher Politiker und Oberbürgermeister der Stadt Feuerbach.

In seiner Amtszeit vollzog sich der Übergang von Bauern- und Weingärtnerdorf zur modernen Industriestadt.

Ehrungen

  • Ritterkreuz 2. Klasse des Friedrichs-Ordens (1912, anlässlich der Großen Gewerbeausstellung)
  • Charlottenkreuz (1916)
  • Der Platz vor dem Bezirksrathaus und die dortige Stadtbahnhaltestelle sind nach Wilhelm Geiger benannt.

Helmut Gnamm

Gerbereichemiker, * 27.5.1889 Urach, † 4.12.1960 Stuttgart. (evangelisch)

Die frühzeitig eingeschlagene Laufbahn eines aktiven Offiziers brach ab mit dem Ende des 1. Weltkriegs, an dem G. ohne Unterbrechung als Frontoffizier teilgenommen hatte. Zum Berufswechsel gezwungen, entschloß sich der 30jährige, ein Chemiestudium an der TH Stuttgart zu beginnen, das er 1923 mit der Promotion zum Dr.-Ingenieur abschloß.

Anschließend trat er als Chemiker und Leiter des analytischen Laboratoriums in die Lederfabrik C. F. Roser GmbH, Stuttgart-Feuerbach ein, der er 35 Jahre lang angehörte.

In dieser Stellung eignete sich G. in kurzer Zeit umfassende Kenntnisse der Chemie der Gerbvorgänge und der hierzu verwendeten Hilfsmittel an und verstand es, sie im Rahmen einer fruchtbaren literarischen Tätigkeit weiterzugeben.

Sein besonderes Interesse galt den Lederfettungsmitteln, deren komplizierte Analyse in den Dienst der technischen Beurteilung dieser Gerbereihilfsmittel zu stellen er sich ständig bemühte. Mit den Fettungsmitteln in Zusammenhang steht seine Beschäftigung mit organischen Lösungsmitteln und Weichmachern. Auf beiden Gebieten ist G. mit mehrfach aufgelegten Monographien hervorgetreten, die weit über den Rahmen der Lederindustrie hinaus bekannt geworden sind. Die gerbereichemische Fachpublizistik bereicherte er weiterhin durch das

Buch „Die Gerbstoffe und die Gerbmittel“ (1925, ³1949, russisch 1927) und durch ein „Taschenbuch für die Lederindustrie“ (1940), später unter dem Titel „Fachbuch für die Lederindustrie“ (⁵1958, spanisch 1942, jugoslawisch 1949), das viele Jahre hindurch ein geschätztes Unterrichtsbuch für den gerbereitechnischen Nachwuchs war. Diese Bücher ebenso wie mehrere Handbuch- und Zeitschriftenartikel gaben zu ihrer Zeit die besten Auskünfte über die darin behandelten Stoffgebiete, ohne daß jedoch der Autor mit ihnen als Forscher in Erscheinung treten wollte

Küntzel, Adolf, „Gnamm, Hellmut“ in: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 482 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd127581871.html#ndbcontent

Julius von Jobst (Württembergischer Personaladel)

Fabrikant, * 19.7.1839 Stuttgart, † 22.9.1920 Stuttgart

J. war Lehrling in der Materialwarengroßhandlung des Vaters und Großvaters in Stuttgart. Anschließend besuchte er Vorlesungen über Chemie, Physik und Mineralogie an der Polytechn. Schule in Stuttgart. Da er 1858 den Vater und 1859 den Großvater verlor, mußte J. mit 20 Jahren ohne Studienabschluß in die Leitung der Jobstschen Fabrik eintreten, die er seit 1865 mit seinem Onkel Karl ganz übernahm. 

J. widmete sich besonders dem Auslandsgeschäft. Er bereiste England, Frankreich und Italien, wo 1868 in Mailand ein Zweiggeschäft eröffnet wurde. Daneben betrieb er wissenschaftliche Studien, die aus dem Fabrikbetrieb resultierten, untersuchte die Opiumgewinnung in Württemberg. Hier ließ er auch Eucalyptus sowie asiat. Mohn anbauen und gewann hieraus Opium. In einer Veröffentlichung befaßte er sich mit dem zitronensauren Chinoidin und mit dessen Anwendung als Fiebermittel.

Den Ausbau der chemischen Fabrik in Feuerbach leitete er zusammen mit seinem Onkel Karl. 1887 erreichte J. den Zusammenschluß mit der Konkurrenzfirma Zimmer in Frankfurt a. Main zu den Vereinigten Chininfabriken Zimmer & Co. und wurde deren erster Direktor.

1872 mußte die Materialwarengroßhandlung geschlossen und die direkte Belieferung der Apotheken eingestellt werden. Dagegen begann die Herstellung der ersten Fertigpräparate, und das Exportgeschäft konnte ausgeweitet werden. Neben der Leitung der Chemischen Fabrik übte J. eine umfangreiche Tätigkeit in der Öffentlichkeit aus.

1879-96 war er Vorsitzender der Industrie- u. Gewerbekammer in Stuttgart, seit 1896 deren Ehrenvorsitzender. J. hatte 1881 den Vorsitz des Ausstellungsausschusses der württ. Gewerbeausstellung in Stuttgart inne (1 700 Aussteller, über 1 Mill. Besucher). 1896 war er erneut Vorsitzender einer derartigen Ausstellung. J. verfolgte zahlreiche volkswirtschaftliche Projekte, wie die Kanalisierung des Neckars bis Eßlingen und war Vorsitzender des Komitees zur Neckarschiffahrt. Später betrieb er den Plan einer Kanalverbindung vom Neckar zur Donau. Als Vorsitzender des württ. Kunstgewerbevereins gab er diesem wesentliche Impulse.

Wankmüller, Armin, „Jobst, Julius von“ in: Neue Deutsche Biographie 10 (1974), S. 445 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117140767.html#ndbcontent

Karl Jobst

Chemiker, Fabrikant, * 3.8.1816 Stuttgart, † 14.4.1896 Stuttgart

J. studierte nach Abschluß einer kaufmännischen Lehre 1835-36 in Erlangen Pharmazie und anschließend bis 1838 Chemie in Gießen. Im praktischen Unterricht, den er bei Liebig genoß, erlernte J. u. a. die Anwendung der Elementaranalyse für die Untersuchung von Drogeninhaltsstoffen. 1843 nahm ihn sein Vater zusammen mit dem als Kaufmann ausgebildeten älteren Bruder Friedrich in die Firmenleitung auf.

Dort oblag ihm hauptsächlich die Leitung der Chininfabrikation. Als 1858 sein Bruder und 1859 auch sein Vater starben, übernahm J. die Alleinleitung der Firma. Von 1865 an unterstützte ihn sein Neffe Julius, und seit 1872 auch sein Sohn Alfred. 1882 zog er sich aus dem Dienst zurück. J. erweiterte die väterliche Fabrik und Materialwaren-Großhandlung in mehrfacher Hinsicht.

Er stellte 1860 den Chemiker Oswald Hesse ein, nachdem bis dahin lediglich Apothekergehilfen die praktischen und fachbezogenen Produktionsbelange betreut hatten. Hesse oblag der Ausbau der Alkaloidgewinnung, vor allem für Chinin.

1864 verlegte J. die Chininfabrikation in neue Gebäude in das benachbarte|Feuerbach und gab damit den Anstoß für dessen Entwicklung zum „schwäb. Ludwigshafen“, denn zahlreiche chemische Betriebe folgten ihm nach.

1868 gliederte J. eine Niederlassung in Mailand dem Stammhaus an. 1879 erwarb er auf Java Plantagen mit Chinabäumen, um eigene, von den Weltmarktpreisen unabhängige Chinarinde für seine Fabrik in Feuerbach zu bekommen.

Bei J.s Austritt aus der Leitung gehörte die Firma Jobst zu den größten Alkaloidproduzenten Europas. J. stand auch nach dem Studium noch lange Zeit mit Liebig in fachlichem Kontakt. So führte er in Gießen eine eigene phytochemische Arbeit durch, in der er sich mit der von ihm schließlich bestätigten Identität von Theein und Coffein beschäftigte.– KR.

Wankmüller, Armin, „Jobst, Karl“ in: Neue Deutsche Biographie 10 (1974), S. 445-446 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117140775.html#ndbcontent

Paul Lechler

Unternehmer, Sozialreformer, * 28.11.1849 Böblingen (Württemberg), † 24.4.1925 Stuttgart
Nach sieben Jahre Gymnasium trat er 1864 im Stuttgarter Großhandelsgeschäft für Drogen und Farben Louis König eine kaufmännische Lehre an.

1871 gründete er mit seinem Vater die Firma „Christian Lechler & Sohn“ in Feuerbach b. Stuttgart. Nach dem Tod des Vaters verkaufte er das Unternehmen, gründete aber unternehmerische Aktivitäten.

10% des jährlichen Gewinns der Lackfabrik gab er „zugunsten der Armen und Bedürftigen jeder Art“ schon 1875 aus. Jahrzehntelange praktische Tätigkeit als Bezirksarmenpfleger nach dem Verkauf der Lackfabrik waren erste Anzeichen eines starken sozialen Engagements. Er gründete zahlreicher Stiftungen und gemeinnütziger Vereine. Vor allem machte er grundlegenden Reformvorschlägen zu Wohnungsbau und Armenrecht.

Foto: Firma Leitz

Louis Leitz

Fabrikant und Erfinder, * 2.5.1846 Groß-Ingersheim (Württemberg), † 18.5.1918 Stuttgart. (evangelisch)

Schon als junger Drechslergeselle erkannte L., daß die Industrie sein Handwerk brotlos machen würde, und ließ sich zum Mechaniker ausbilden. Zehn Jahre lang sammelte er in verschiedenen Betrieben technische Erfahrungen. In dieser Zeit lernte er auch die Herstellung von Biblorhaptes (Spieß-Ordnern) kennen, die nach Ablauf eines Pariser Patents auch in Deutschland gefertigt wurden, allerdings in unbefriedigender Qualität. L. war davon überzeugt, daß mit Biblorhaptes-Apparaten gute Geschäfte zu machen sein würden, wenn man die franz. Qualität erreichte oder gar übertraf.

So machte er sich im Juli 1871, erst 25 Jahre alt, als „Mechaniker und Facturabücher-Fabrikant“ selbständig und stellte Biblorhaptes-Apparate in verbesserter Qualität her. Nach anfänglichen Schwierigkeiten gingen die Geschäfte gut, doch die umständliche Handhabung der Apparate ließ L. nicht ruhen. 1886 erfand er die Aushebe-Mechanik zum Leitz-Registrator. Jetzt war es möglich, die einzelnen Blätter an jeder beliebigen Stelle mit einem Register alphabetisch einzuordnen; die bis dahin erforderliche Numerierung der Blätter für ein handgeschriebenes Suchregister wurde überflüssig. Um diese Zeit kam aus Amerika eine neuartige Umlege-Mechanik auf einer Brettunterlage. Aus dieser primitiven Bügelmechanik entwickelte L. die heute millionenfach bewährte Hebelmechanik, bei der die Bügel fest geschlossen und arretiert|werden können. Da er von der Überlegenheit stehender Ordner überzeugt war, nietete er seine Mechanik in einen Bucheinband, und damit war 1893 der Leitz-Ordner geschaffen. Er erwies sich als ein großer Wurf. Für die Produktion wurde schon fünf Jahre später in Stuttgart-Feuerbach ein großzügiges Fabrikgebäude erstellt. Zu den Ordnern kamen die Register und die Locher, später Hefter und Mappen. Diese Erzeugnisse wurden in die ganze Welt geliefert. Mit der Erfindung des Leitz-Ordners hatte L. die Technik der Schriftgut-Verwaltung revolutioniert.

Wall, Hans-Joachim de, „Leitz, Louis“ in: Neue Deutsche Biographie 14 (1985), S. 175-176 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd136617735.html#ndbcontent

Bild: https://www.hemmings.com/stories/article/prosper-lorange

Prosper L’Orange – Vater der Bosch Einspritzpumpe

Motorenbauer, * 1.2.1876 Beirut (Libanon), † 30.7.1939 Stuttgart

L’Orange wurde 1876 in Beirut als Sohn des Mediziners Rudolf Heinrich L’Orange, der zu dieser Zeit Chefarzt des Johanniter-Spitals von Beirut war, geboren.

1908 ging L. als Oberingenieur zu Benz & Cie nach Mannheim und wurde 1910 Vorstandsmitglied. Der Bau stationärer Motoren bei Benz befand sich seit 1900 in Schwierigkeiten. L. wendete das Blatt, als er 1909 Vorkammer und Düse des kompressorlosen Dieselmotors zum Patent anmeldete, wobei die Verbrennung in der Vorkammer durch die Brennstoffzufuhr zu regeln war. Mit von ihm selbst konstruierter Einspritzpumpe lief der erste Motor 1909 acht Tage lang mit 245 gr/PSh Verbrauch. L.s Verfahren war der entscheidende Schritt zum schnellaufenden Fahrzeug-Dieselmotor.
Zusammen mit dem Mannheimer Bankier Karl Ummen gründete L. 1927 in Feuerbach die „REF-Apparatebau GmbH“. 1929 begann er die Fertigung von Gleichstrom-Einspritzdüsen für Flugmotoren nach seinen Patenten. Er wurde drittgrößter Hersteller von Einspritzpumpen nach Bosch und Junkers und arbeitete bereits an der Benzineinspritzung.
1932 erwarb die Robert Bosch AG L.s Patente sowie die Herstellungs- und Vertriebsrechte von Ölern, Einspritzpumpen und -düsen außer für Belgien und Frankreich.

Seherr-Thoß, Hans Christoph Graf von, „L`Orange, Prosper“ in: Neue Deutsche Biographie 15 (1987), S. 159-160 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd124884288.html#ndbcontent

Heinrich Gottlob Rau

Politiker und Wirtschaftsfunktionär, * 2.4.1899 Stuttgart-Feuerbach, † 23.3.1961 Berlin (Ost). (konfessionslos)

Nach Volksschule und zweijähriger gewerblicher Fortbildungsschule arbeitete R. als Metallpresser, bis er im Sommer 1917 zum Kriegsdienst eingezogen wurde. 1913 trat er der Sozialdemokratischen Arbeiterjugend (SAJ) und 1916 der USPD bei. Im Herbst 1918 beteiligte er sich nach einem Lazarettaufenthalt an den November-Aufständen in Stuttgart und kehrte dann wieder in seinen Beruf zurück. Innerhalb der USPD zählte er zur Spartakusgruppe, die sich 1918/19 der neugegründeten KPD anschloß; R. übernahm den Vorsitz der KPD-Ortsgruppe Stuttgart. Im Nov. 1920 holte ihn die KPD-Führung als ZK-Sekretär der agrarpolitischen Abteilung in ihre Zentrale nach Berlin.

 Mitherausgeber verschiedener Partei-Zeitungen für die Bauernschaft („Land- u. Forstarbeiter“; „Der Pflug“), 1923-33 als Stellvertretender Vorsitzender des „Dt. Siedler- und Pächterbundes“ und Mitglied des Sekretariats des „Internat. Komitees der Land- und Forstarbeiter“

1924-33 als Vorstandsmitglied der „Arbeitsgemeinschaft der schaffenden Landwirte, Pächter und Siedler“ bzw. des „Reichsbundes für Kleinbauern“

Als ZK-Instrukteur der KPD für Südwestdeutschland wurde er verhaftet und zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt.

1935 emigrierte über die ČSR nach Moskau, wo er von Nov. 1935 bis Febr. 1937 als Stellvertretender Leiter des Internat. Agrarinstituts tätig war. Im Auftrag der in Moskau befindlichen KPD-Führung bzw. der Kommunistischen Internationale ging R. Anfang 1937 nach Spanien.

Seit Jan. 1938 Kommandeur der XI. Internat. Brigade, gelangte er infolge einer Verwundung bereits im Mai 1938 nach Frankreich, wo er bis Aug. 1939 das Hilfskomitee der dt. und österr. Spanienkämpfer leitete und Mitglied der KPD-Auslandsleitung war.

1939 wurde R. verhaftet und im Internierungslager Le Vernet festgehalten. Obwohl ihm im März 1941 die Sowjetunion ihre Staatsbürgerschaft verlieh, lieferte ihn die franz. Regierung im Juni 1942 an die Gestapo aus.

Von Aug. 1942 bis März 1943 war R. in Berlin inhaftiert, dann im KZ Mauthausen, wo er zur Leitung des illegalen KPD-Lagerkomitees gehörte.

Nach seiner Befreiung im Mai 1945 war R. bis zum Febr. 1948 u. a. Wirtschaftsminister in der Provinzialverwaltung Brandenburg. Er stieg im März 1948 zum Vorsitzenden der Dt. Wirtschaftskommission (DWK) auf und leitete 1949-52 das Ministerium für Wirtschaftsplanung sowie 1950-52 die Staatl. Plankommission (SPK).

Seit 1949 Mitglied des SED-Parteivorstandes und Kandidat (seit Juli 1950 Mitglied) des Politbüros des Zentralkomitees der SED, war er seit 1950 einer der Stellvertretenden Ministerpräsidenten der DDR und Abgeordneter der Volkskammer.

R. war maßgeblich an der Erstellung und Durchführung des Zweijahrplanes (1948/49) und des ersten Fünfjahrplanes (1951–55) der DDR-Volkswirtschaft beteiligt. 1953-55 leitete er das Ministerium für Maschinenbau und seit 1955 das Ministerium für Außen- und innerdeutschen Handel. Unter seiner Amtsführung wurden in zahlreichen Ländern Handelsvertretungen eröffnet, die vollwertigen diplomatischen Vertretungen die Bahn ebnen sollten.

In der SED genoß R., der die Partei-Beschlüsse widerspruchslos ausführte, wegen seines Spezialwissens, Lebenswegs und zurückhaltenden, pragmatischen Wesens politische Autorität.

Amos, Heike, „Rau, Heinrich“ in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 192 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118598554.html#ndbcontent

Gustav Rau

Unternehmer, * 27.11.1886 Ulm, † 7.12.1960 Stuttgart.

R. absolvierte eine kaufmännische Ausbildung und arbeitete seit 1926 als Geschäftsführer des Motorradherstellers „Standard Fahrzeugfabrik GmbH“ in Ludwigsburg, für den er erfolgreich die Zusammenarbeit mit dem Genfer Motorenbauer Motosacoche organisierte und ein Motorradprogramm (350–750 ccm) ermöglichte.

1928 übernahm er den Leichtmotorradbau der „Zehnder Söhne AG“ in Gränichen (Schweiz) und erweiterte 1931 das Motorradangebot der Firma auf die 200-250 ccm-Klasse.

Nach der Firmenverlagerung nach Stuttgart-Feuerbach 1933 wurden auch Sportmotoren eigener Konstruktion gebaut, ferner ein Klein-PKW und -transporter.

1936 kaufte R. die „Spezial-Werkzeug-Fabrik Feuerbach GmbH“ (SWF) in Feuerbach, die Winker und Scheibenwischer für Automobile herstellte, und produzierte seit 1938 unter dem Firmennamen „SWF Spezialfabrik für Autozubehör GmbH“ zusammen mit dem Glashersteller Kinon in Aachen eine vollbeheizte Frostschutzscheibe, seit 1939 Winker, die für Geschwindigkeiten bis 140 km/h konstruiert waren. Während des 2. Weltkriegs fertigte R. Kfz-Ausrüstungen für das Militär.

Nach 1945 entwickelte sich die SWF zu einem Spitzenunternehmen der Autozubehörindustrie. Sie lieferte die Erstausstattungen an Winkern, Blinkern und Scheibenwischern an den größten Teil der dt. Automobilindustrie und an den Fachhandel.

1954 ersetzte R. den Fuß-Abblender durch den Lenkstockschalter und führte die Lichthupe ein. Nach der Übernahme der Fa. Andreas Veigel 1957 produzierte er auch Tachometer für VW. 1955 brachte R. als erster dt. Hersteller den Scheibenwascher auf den Markt und rüstete 80 % aller dt. Automobile damit aus. Für gebogene Windschutzscheiben lieferte er profilierte Wischerblätter in federnden Haltern. Die Firma beschäftigte zu diesem Zeitpunkt 3200 Personen.

Sein Sohn Gustav verkaufte 1972 das Unternehmen an die „ITT New York“, die es 1998 an die franz. „Valéo SA“ weiterverkaufte

Seherr-Thoß, Hans Christoph Graf von, „Rau, Gustav“ in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 189 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd141580402.html#ndbcontent

Max Karl Friedrich Roser

Max Karl Friedrich initiierte die Verlegung des Betriebes von der Stuttgarter Paulinenstraße nach Feuerbach, weil dort genügend Raum für den industriellen Ausbau des Unternehmens vorhanden war.

1872 erwarb er in der Stuttgarter Straße ein 72 Ar großes Grundstück für 13.700 Mark. In den Jahren 1873 und 1874 wurden das Fabrikgebäude, Maschinenhaus und Kesselhaus erstellt.

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden weitere Grundstücke zugekauft. Das Unternehmen firmierte seinerzeit als „C. F. Roser, Gerberei Feuerbach“

Am 14. September 1994 wurde für die C. F. Roser AG und die Lederfabrik Roser GmbH, am 30. September 1994 für Lederfabrik Ichenhausen GmbH und am 7. Oktober 1994 für LGR Lederveredlung GmbH der Vergleichsantrag zur Abwendung des Konkurses beim Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt gestellt.

Mit dem Ende von Roser wurde ein großes Gelände zur Umstrukturierung frei. Einige Gebäude sind erhalten geblieben: Gastronomie, Wichtel und ein Gebäude in dem sich heute die freie Musikschule Feuerbach, sowie die Bürgeretage befindet.

Walter Lippart

Maschinenbauer, Industrieller, * 21.10.1899 Nürnberg, † 3.10.1962 Stuttgart

Schwere Aufgaben erwarteten L., als er 1945 technischer Geschäftsführer bei Bosch wurde und Einkauf, Fertigung und den Wiederaufbau der Betriebe betreute. 59 im Krieg verlagerte Fabriken mußten nach Stuttgart-Feuerbach zurückgeholt, gleichzeitig die dortigen Gebäude wieder aufgebaut und die Produktion von Autoelektrik und Diesel-Einspritzpumpen mit zunächst 800 Beschäftigten in Gang gesetzt werden. Im Vertrauen auf die Zukunft der deutschen Wirtschaft ließ sich L. nicht beirren, trotz Demontagen, Verboten, Beschränkungen, Rohstoff- und Stromknappheit, Beschlagnahme von Patenten und Lizenzen und der Einengung des Außenhandels den Kapazitätsausbau fortzusetzen. 1951 lieferte Bosch mit 19 000 Beschäftigten wieder in 50 Länder, vor allem Lichtmaschinen und Anlasser. Im Entflechtungsverfahren der Besatzungsbehörden gegen Bosch gelang es Finanz-Hauptleiter Alfred Knoerzer (1892–1978) und L., vermittelnd dahin zu wirken, daß der Wiederaufbau der Firma nicht gefährdet wurde und das Verfahren 1952 mit einem Vergleich endete.

Seherr-Thoß, Hans Christoph Graf von, „Lippart, Walter“ in: Neue Deutsche Biographie 14 (1985), S. 650-651 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd101228414X.html#ndbcontent